Der Nachtzug nach Lissabon, ein Film für ruhige Abende

Seit dem 8. März können wir uns im Kino geschichtlich bilden und gleichzeitig dahin schmachten bei einem poetischen Liebesfilm. Die Rede ist von „Der Nachtzug nach Lissabon“.

Raimund Gregorius scheint auf den ersten Blick der typische Lateinlehrer zu sein. Mit seiner Hornbrille auf der Nase spielt er Schach gegen sich selbst, ist alleinstehend und eher isoliert von der Außenwelt. Sein Leben verläuft in geregelten Bahnen, bis er auf dem Weg zu seiner Arbeit eine Frau vor dem Tod rettet. Die Frau im roten Mantel steht auf einer Brücke und will sich hinunter stürzen. Doch der Lehrer bewahrt sie vor dem Selbstmord und  nimmt sie mit in seinen Unterricht um sie nicht allein zu lassen. Die Dunkelhaarige verharrt einige Zeit ruhig in dem Klassenzimmer und verschwindet dann doch. Das Einzige was Raimund nun von ihr hat, ist ihr roter Mantel, den sie im Klassenraum liegen ließ. Er läuft ihr hinterher, versucht die Unbekannte zu finden; findet in ihrer Manteltasche aber lediglich ein dünnes Buch. Dieses Buch verändert sein Leben!  Das unscheinbare Büchlein stammt aus den 1970er Jahren aus Lissabon. Außerdem befinden sich Zugtickets in dem Büchlein, worauf sich der alleinstehende, geschichtsliebende Lehrer spontan auf den Weg nach Lissabon macht.

Hier schon mal eine kleine Kostprobe:

Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit, denn seit den 1920er Jahren waren Diktatoren an der Macht.   Bis 1974 dauerte es allerdings bis tatsächlich ein Putsch in Portugal gelang. Die Revolution wird auch die Nelkenrevolution genannt, weil rote Nelken in die Gewehrläufe der aufständischen Soldaten gesteckt wurden. In der Verfilmung  erfährt Raimund von dieser Geschichte, was ihn dazu antreibt immer weiter zu forschen und sich nicht nur in die Stadt Lissabon zu verlieben.
Seine Neugierde wird immer größer, er möchte den Philosophen ausfindig machen, der das Buch geschrieben hat und immer tiefer in dessen Biografie eintauchen. Der Lateinlehrer ist gebannt von der Geschichte und tut alles um heraus zu finden, was tatsächlich hinter den fundamentalen Sätzen steckt. Dabei lernt er nicht nur über Portugal und seine Bewohner sondern am meisten über sich selbst.

Der Berner Lehrer wird von keinem geringeren gespielt als dem Oscar Preisträger Jeremy Irons. Außerdem wurde der Film von dem Dänen Bille August inszeniert. Diese beiden Namen sorgen schon für einen großen Rummel, der unterfüttert wird von Schauspielergrößen wie Charlotte Rampling oder Bruno Ganz. Der Film über die Reise in die vergangene Zeit und zu sich selbst ist hochbesetzt, doch aus das ist kein Erfolgsgarant.

Böse Zungen behaupten, der Film könnte auch „Geisterhaus 2“ heißen, denn August hat vieles ähnlich gemacht beim Film über den chilenischen Putsch „Das Geisterhaus“ und hier beim portugiesischen. Darüber hinaus ist der Film teilweise auch sehr symbolträchtig. Als Raimunds Brille kaputt geht, bekommt er eine neue. Lernt beim Optiker eine Frau kennen, die ihm im wahrsten Sinne des Wortes die Augen öffnet. Viele kleine Szenen haben einen ähnlich kitschigen und überladenden Charakter, was den Film romantisch aber auch langwierig macht. Schon anfangs ist klar, wie der Film endet und bis zum Ende passiert auch keine Wendung, die nicht vorhersehbar wäre. Die politische Geschichte ist eben klar, was passieren muss und auch in Liebesangelegenheiten kommt selten Spannung auf. Das einzige was nicht wirklich von Anfang an klar ist, was passiert mit der Frau im roten Mantel?

Bille August hat sich an ein interessantes Thema gewagt, hochkarätige Schauspieler gefunden und die portugiesische Geschichte der 1950er bis 70er Jahre in eine seichte Geschichte voll von Liebe und Suche nach dem eigenen Ich, gepackt. Der Film ist sehenswert, das steht außer Frage. Für einen gelungenen Filmabend absolut empfehlenswert.

Etwas Einzigartiges besitzt der Film. Die Gedichte, die den Lehrer motivieren weiter zu forschen, erklingen immer wieder und ziehen auch die Zuschauer des Films in seinen Bann.

Lasst euch die portugiesische Gedichte über Geschichte und den Sinn des Lebens nicht entgehen!Wie findet Ihr den Film? Schreibt uns eine Kritik an redaktion[at]kjero.com.